


















Background Information
Die Familie Hünerwadel und die Bleiche in Lenzburg
Ideen zur Räumlichen Entwicklung des Bleiche Areals
Ein Beitrag von Fabio Rudolf
Mehr als 10 Jahre dauerte die Umgestaltung des Unterlaufs der Emme. Am 15.Mai.2022 wurde das 95 Millionen teure Projekt mit einem Festakt abgeschlossen. Dabei wurde das Amt für Umwelt während dreier Jahre bei der Konzeption und Realisierung der App und Web-App EinflussEmme begleitet. Der zusammen mit Ivan Engler realisierte Dokumentarfilm «Emme – sicher und lebendig» wurde zu den Feierlichkeiten der umfangreichen Hochwasser- und Renaturierungsarbeiten veröffentlicht und bietet einen spannenden Einblick in das vergangene und heutige Zusammenleben von Mensch und Fluss im unteren Abschnitt der Emme, zwischen Gerlafingen und Luterbach. Dabei werden Themen behandeln, die in unmittelbarem Kontext zur Industriekultur am Aabach stehen.
Die App «EinflussEmme» behandelt denselben Themenbereich wie der Dokumentarfilm und eignet sich als attraktiver Reisebegleiter entlang des unteren Emme-Abschnitts.
Die letztjährige Führung durch den Felsenkeller in Lenzburg war ein voller Erfolg. Das grosse Interesse bewegt den Verein Industriekultur Aabach am 25.September 2021 zur zweiten Auflage.
Am 25. September ab 9.00 Uhr, jeweils zur vollen Stund fanden Führungen zum Thema „die Bierbrauer von Lenzburg“ statt. Nebst der Geschichte um die Bierbrauereien in Lenzburg war es möglich, die eindrücklichen grossen Kelleranlagen zu besichtigen.
Der Anlass wurde organisiert durch den Verein Industriekultur am Aabach, unterstützt durch die Stadt Lenzburg, die SWL Energie AG, die Verzinkerei Lenzburg, Kromer Promotions AG, das Netzwerk Müllerhaus, Museum Aargau und Museum Burghalde
Der Verein Industriekultur am Aabach organisiert am 3. August 2021 eine Besichtigung vom neuerstellten Pfahlbauhaus in Seengen. Der Projektleiter vom Rotary Club Lenzburg, Heinrich Haller wird über die Entstehung und die Geschichte rund um das Pfahlbauhaus berichten. Anschliessend wir uns Urs Egloff über die Funktion der
Wehranlage beim Schloss Hallwil, mit der Seepegelregulierung berichten, welcher besonders in den letzten Wochen eine sehr hohe Bedeutung bei der Bewältigung der enormen Wassermassen zugekommen ist. Auch sonst wird es viele Informationen rund um den Aabach geben. Am Schluss haben wir bei Wurst und Brot Gelegenheit über die Projekte vom Verein Industriekultur am Aabach zu diskutieren.
Treffpunkt 3. August 2021:
• 18.15 Uhr, Parkplatz Schloss Hallwil Bushaltestelle.
• 18.30 Uhr, Abmarsch zum Pfahlbauhaus (ca. 15 Min. Fussmarsch)
• 18.45 Uhr, Heinrich Haller zur Geschichte rund um das Pfahlbauhaus
• 19.15 Uhr, Rückmarsch zur Wehranlage beim Schloss Hallwil
• 19.30 Uhr, Urs Egloff, Wasserregulierung Hallwilersee – Aabach
• 20.00 Uhr, bei Wurst und Brot Geschichten rund um den Aabach
Der Anlass ist kostenlos, Essen und Getränke werden zu moderaten Preisen angeboten. Spenden sind natürlich herzlich willkommen. Der Treffpunkt ist bequem auch per Velo, oder mit dem Bus erreichbar. Wir freuen uns auf viele Anmeldungen. Um die Organisation zu erleichtern bitten wir Sie sich per E Mail an martin.stuecheli@sunrise.ch oder per Telefon an 076 302 29 84 anzumelden.
Der Felsenkeller am Brauereiweg und die Geschichte der Bierbrauerei von Lenzburg
Im Mittelalter führten Klosterbrauereien zu einem
geregelten Braubetrieb.
Bier galt auf Grund des geringeren Alkoholgehalts als geeignetes Getränk für Kinder. Im Gegensatz zum damaligen Trinkwasser war Bier durch das Kochen des Hopfens weitgehend keimfrei. Wegen seines hohen Nährwertes war es eine wichtige Ergänzung der oft knappen Nahrung. Die Brauer legten oft Kräuter um den Sudkessel, um böse Geister fernzuhalten, denn bei mangelnder Erfahrung und schlechter Fertigungstechniken war das Brauergebnis oft ein ungeniessbares Getränk. In Deutschland darf bis heute nur nach dem Reinheitsgebot von 1516 gebrautes Bier genannt werden. Bier darf nur mit Wasser, Hopfen und Malz gebraut werden. Der Verkauf von nicht diesem Gebot entsprechenden Bieren ist nach neuen europäischen Richtlinien jedoch gestattet.
Doch nun zu Lenzburg
Vor dem 19. Jahrhundert scheint Bier in Lenzburg nur für den Eigenbedarf hergestellt worden zu sein. In den Gaststätten wurde Wein getrunken. Wein wurde an den eigenen Rebbergen am Schlossberg, der Burghalde, dem Goffersberg, dem Bölli, der Sandrisi, dem Bollberg und der Wylgasse angebaut. Besser geschmeckt haben den Stadtbewohnern jedoch die Weine aus Auenstein, Veltheim, und dem Schenkenbergertal und der fast doppelt so teure Wein aus dem Elsass. Die Vorliebe zum Wein war unter anderem darin begründet, dass das Bier in der warmen Jahreszeit nur kurze Zeit aufbewahrt werden konnte. Besonders in der durstigen Sommerzeit ein grosses Handicap, weil Kühlmöglichkeiten fehlten. Der erste Hinweis auf den Genuss von Bier in Lenzburg stammt aus den Jahren 1589 und 1590.
Damals verpflichtete der Rat seine Wirte, sich mit Wein, besserem Elsässer und gewöhnlichen Landwein zu versehen und verbot ihnen Obstmost und Bier im Keller zu haben. Der Rat fürchtete für die Gesundheit der Gäste und dem guten Ruf der Stadt, wenn vor allem Durchreisenden Getränke in schlechter Qualität ausgeschenkt würde.
Ab Mitte des 17. Jhd. vernehmen wir des öfteren von einem Lenzburger «Biersüder», Namens Samuel Fischer. Dieser war oft betrunken und in Schlägereien verwickelt. Der Stadt diente er von 1644 bis 1650 als Kleinweibel. Über die Art wie er Bier braute und über seine Produktionsmenge gibt es keine Angaben, schon gar nicht zu seinem Eigenbedarf. Aus den Getränkesteuerverzeichnissen «Ungeltrödel», später «Ohmgeldrödel» genannt; können wir entnehmen, dass 1673 Ulrich Dietschi (Löwenwirt) bei einer Hochzeit Bier verkauft hat. Wer dieses Bier hergestellt hat ist nicht bekannt.
In den folgenden Jahrzehnten sind die Namen von drei Biersüdern erwähnt:
• 1703 Samuel Fischer (er könnte der Sohn des vorgenannten Fischer sein), er war blind und hatte viele Kinder und erhält Armenunterstützung.
• Im Totenrodel steht unter Beruf, Biersüder.
• 1711 wird ein Biersüder Furter gebeten, für das ausgeschenkte Bier sein Umgeld zu entrichten.
• 1721 bittet ein Jakob Fischer, Biersüder um Unterstützung von der Stadt.
Man stellt fest, Sozialhilfe hat es immer gegeben und wird es auch immer geben, wichtig dabei ist das richtige Augenmass. Von 1728 bis zu Beginn des 19 Jhd. scheint es in Lenzburg keine Biersüder mehr gegeben zu haben.
1808 stellten Ohmgeldeinzüger fest, dass bei den 20 Wirten 1160hl Wein und 11hl Bier eingelagert waren. Das Bier stammte aus Produktionen von Aarau 1832-1835 versteuerte ein Lenzburger, Namens Heinrich Halder, selbstgebrautes. Sein Vater, Bauer in
Hendschiken, kaufte 1829 die Landweibelei an der Schlossgasse.
Unternehmungslustige, vielleicht auch gesellige Kaufleute sahen im Brauereigewerbe Gewinnmöglichkeiten. Zu ihnen gehörte auch Major Marx Rudolf Hünerwadel. Dieser übernahm mit drei seiner Brüder
die Indiennefabrik am Aabach(Stoffdruckerei), trat aber schon bald wieder aus und errichtete 1844 eine Bierbrauerei mit Wirtschaftsrecht an der Seonerstrasse 10, im sogenannten Parzival Haus. Es ist unglaublich, überall wo in Lenzburg etwas passiert ist, Innovation und Zukunft geschmiedet wurde ist ein Hünerwadel dabei.
Er wurde 1841 als Bierbrauer vereidigt. Auch das ist speziell und ich kann mir nicht vorstellen, dass heute noch ein Bierbrauer vereidigt wird, ausser in Bayern. Ab ca. 1860 setzte ein eigentliches Bierbrauergründungsfieber ein. Das Bier musste im Winter und Frühling getrunken werden, bevor warmes Wetter eintrat, weil es sehr
schnell schlecht wurde. In den Rödeln ist der Steuerbetrag oftmals durchgestrichen, mit dem Vermerk Verdorben/ Unbrauchbar.
In dieser Zeit fing man an in Weihern Eis zu brechen und in gut isolierten Eiskellern zu lagern. Neue Betriebe legte man mit Vorliebe neben Sandsteinhügeln an, in die man tiefe, kühl bleibende Gänge grub.
Die Brauerei zum Felsenkeller
Der in Niederlenz wohnhafte Jakob Eduard Kunkler Hünerwadel kaufte an der Nordseite vom Gofi Land zusammen. 1863 erwarb er das Bürgerrecht von Lenzburg und baute auf dem gekauften Land das grosse Brauereigebäude und weitere Anlagen, die heutige
Verzinkerei Gradwohl. Mit seiner Familie wohnte er im Bifang unter dem Schloss, dem heutigen Tannengut. Zum Bifang gehörte auch der Moosweiher hinter dem Gofi, dessen Ablauf dem Felesenkeller vorbei zum Bifang und an die Niederlenzerstrasse führte. 1865 liess er am Goffersberg grosse Höhlen mit Hallen, Galerien und Schächten graben und übertrug deren Namen auf seinen Betrieb «Brauerei
Felsenkeller». Für den Betrieb brauchte es viel Wasser. Er besass Quellen am Goffersberg und beim kleinen Moosweiher. Von der Gemeinde Hendschiken erwarb er eine Brunnquelle in deren Steinbruch oberhalb des Bühlhofes. Das Wasser wurde in eisernen Röhren unter dem Sandrisiweg (Bühlweg) zum Felsenkeller geleitet.
Die Stadt lieferte ihm Eis aus ihrem Eiskeller und gab ihm das Recht im Bölli- und im Fünfweiher Eis zu brechen.
Die Anstösser beklagten sich häufig über die vielen Fuhren, die verdorbenen Fahrwege und über das stinkende Abwasser. Kunklers Einnahmen reichten jedoch nicht aus die bedeutenden Betriebskosten zu verzinsen und zurückzuzahlen.
Am 20. Juni 1979 wird im Stadtrat über die weitere Verwendung des Kellers beraten und beschlossen:
1. Der Felsenkeller soll nicht verkauft werden
2. Das Bauamt wird eingeladen, den Keller so sicher zu versiegeln, dass er nicht leicht aufgebrochen werden kann.
Brauerei zum Schlossberg
Gottfried Adolf Maximilian Spengler hat die Brauerei Schlossberg gegründet. 1858 hat er vier Jucharten Land mit einem Wasch – und Glättehaus unterhalb der sogenannten Schlosshöhle gekauft.
Er begann mit dem ausgraben eines Bier- und später eines Malzkellers. 1862 eröffnete er an der Niederlenzerstrasse eine
Pintwirtschaft, das ehemalige Cafe Post. Das Unternehmen florierte aber nicht und bereits 1876 wurde die Liegenschaft versteigert. Sie bestand aus einem Wohnhaus mit Bierbrauerei und Schopf, einem
Holzhaus mit eisernem Kühlschiff, einer Scheune mit gewölbtem Keller und einem Bier- und Felsenkeller. Sein Nachfolger, Bierbrauer Albrecht Häusler gab nach drei Jahren die Produktion ebenfalls auf.
1885 übernahm der aus Schlesien stammende Josef Elsner die Liegenschaften. Er errichtete ein grosses Bier- und Eiskellergebäude,
welches erst 1963 abgerissen wurde, nachdem es in den Besitz der Stadt gekommen war. Seit 1893 gehörte das Schloss dem Amerikaner August Jessup. Dieser litt unter dem von der Mälzerei zu seinen
Schlafzimmern aufsteigenden Dampf, Rauch und den übrigen Brauereigerüchen. Deswegen wollte er die Brauerei aufkaufen, Elsner war aber nicht bereit den Betrieb welchen er stark ausgebaut hatte, herzugeben. Zu dieser Zeit war aber die Brauerei Felsenkeller zum
Kauf frei und Jessup erwarb diese. Jessup bot nun die Brauerei Felsenkeller Elsner in einem Tauschgeschäft an, zu welchem er zusätzlich noch Bargeld angeboten hat. Dieser stimmte nur ungern zu, da er viel Zeit und Geld in die Brauerei Schlossberg investiert hatte, mit dem Tausch aber eine neue Konkurrenz verhindern konnte.
Elsner hat sich beim Kauf noch ausbedungen, dass das Wasser welches aus dem gegrabenen Keller gefasst wurde zu seiner neuen Brauerei geleitet wird.
Quellennachweis:
Die Geschichte der Bierbrauer von Lenzburg, kann in den Lenzburger Neujahrsblättern nachgelesen werden. In einem Bericht von Hans Hänny, 1975 ist die Geschichte ausführlich beschrieben.
Grundriss und Fotos: Bauamt Lenzburg, C. Brenner
Stadtarchiv Lenzburg
Dokumentation: M. Stücheli, März 2016